Anprobe der Hose vorbereiten bei geteiltem Bund #F03
Wie ich die Anprobe der Hose vorbereite, wenn diese einen geteilten Bundstreifen hat, erkläre ich euch in der folgenden Schritt-für-Schritt-Anleitung. Auch die Vorbereitung bei optionalem Saumaufschlag erkläre ich hier. Habt ihr euch für eine Hose ohne geteilten Bund und Saumaufschlag entschieden, könnt ihr diese Anleitung verwenden, um die Hose zur Anprobe vorzubereiten.
Auch bei einer Hose nach Maß ist eine Anprobe vor dem Fertigstellen dringend zu empfehlen. Selbst beim Maßschneider werden die Kunden zur Anprobe bestellt, bevor sie dann ihr fertiges Kleidungsstück abholen können. Daher sind in unseren Schnittmustern auch breitere Nahteinschläge enthalten, über die ihr bei Bedarf regulieren könnt. Wichtig ist, dass der Bund zur Anprobe der Hose angenäht wird. Besonders beim Formbund, denn da ist der Umfang an der Unterkante viel größer als an der oberen Kante. Da die Hose nach dem Anprobieren wieder auseinandergenommen wird, werde ich die Teile mit einem großen Maschinenstich zusammennähen und kaum verriegeln. Ihr könnt die Nähte aber ebenso gut mit der Hand heften, was vor allem bei empfindlichen Stoffen zu empfehlen ist. Ich wünsche gutes Gelingen!
1. Das wird benötigt:
Schnittteile aus Oberstoff:
- Hinterhose (HH) – 1 Paar; die Abnäher sind bereits eingearbeitet
- Vorderhose (VH)– 1 Paar; zur Anprobe ist der Bereich für die Eingrifftasche (Flügeltasche) noch angeschnitten.
- 2 Bundpaare (B); diese bekommen später an der hinteren Mitte eine Naht
Schnittteile aus Einlage:
- Bund (EB) – 2 Paare
Schnittmusterteile aus Papier:
- Hinterhose (HH)
- Vorderhose (VH)
- Bund (B)
- ggf. die Schablone für die hintere Taschenposition (P-TZ HH)
- ggf. die Schablone für den Saumaufschlag (P-ZH)
Werkzeuge und Hilfsmittel:
- Stecknadeln oder Clips
- Handarbeitsschere
- Kreide oder Markierstift
- ggf. Heftfaden und Nähnadel
2. Bund vorbereiten
Hier greife ich der Anleitung zur Bundverarbeitung schon etwas vor. Das spart euch dann später einige Arbeitsschritte.
Sofern ihr das nicht schon bei der Vorbereitung der Schnittteile gemacht habt, wird zuerst die Einlage auf die Bundstreifen aufgebügelt. Insgesamt habt ihr vier Bundteile, auf die ihr – je nach Stoff und gewünschter Festigkeit – die Einlage entweder nur auf die spätere Außenseite oder auf beide Seiten aufbügelt. Wenn ihr nur die Außenseite verstärken möchtet, achtet darauf, dass ihr die Einlage auf die richtigen Teile aufbügelt.
Nun werden der rechte und der linke Bundstreifen separat vorbereitet. Dazu lege ich jeweils die beiden Teile rechts auf rechts aufeinander, stecke sie an der Oberkante fest und nähe sie mit normaler Stichlänge zusammen. Die abgeschrägten Ecken an den Streifen dienen als Kennzeichnung, wo am Schnittteil oben und vorne ist.
Bei einem Formbund schneide ich die Nahtzugabe an der Bundoberkante mehrmals ein, damit dort keine Spannung entsteht. Damit die Einschnitte sich nach außen möglichst wenig abzeichnen, versetze ich die Einschnitte in oberer und unterer Lage.
Dann bügle ich die Nahtzugabe auseinander.
Anschließend lege ich den Bund links auf links aufeinander und bügle die Naht leicht in Richtung der Innenseite des Bundstreifens. So ist sie später von außen nicht sichtbar.
Die Bürste lege ich auf die gebügelte Naht, damit diese schneller auskühlt. Das (unlackierte) Holz nimmt die Feuchtigkeit auf, wodurch die Naht noch flacher wird. Wenn ihr ein Bügelholz habt, könnt ihr das natürlich auch verwenden.
Ich habe beim Zuschnitt die Knipse aus den Schnittmusterteilen durch kleine Einschnitte innerhalb der Nahtzugabe übertragen. Diese markiere ich mir jetzt mit Schneiderkreide. Achtet beim Formbund darauf, dass ihr vordere und hintere Mitte der Bundstreifen nicht verwechselt.
Zur Kontrolle, ob die Länge des Bundstreifens nach der bisherigen Verarbeitung noch stimmt, lege ich ihn auf das Schnittmusterteil auf. Sollte sich der Streifen gedehnt oder verkürzt haben, beachtet das im nächsten Schritt beim Übertragen der Markierungen.
Dann markiere ich auch die Knipse für Seitennaht und hintere Mitte.
Hier zeige ich bei den Bundstreifen des Formbundes auf die vordere Mitte. Die beiden Teile müssen spiegelgleich sein.
3. Hinterhose in Form bügeln
Zunächst bügele ich die Hinterhose in Form. Die Außenkanten (bis auf den Saum) habe ich bereits mit der Overlockmaschine versäubert. Du kannst das an dieser Stelle machen oder später, wenn die Beinnähte geschlossen werden. In der entsprechenden Anleitung wird nochmal darauf hingewiesen.
Die Hinterhosenteile liegen rechts auf rechts aufeinander. Die Kniehöhe kennzeichne ich mit einem Kreidestrich.
Dann setze ich das Bügeleisen an der inneren Beinnaht vor dem Knie auf und dehne den oberen Teil.
Die innere Beinnaht darf dabei ca. 10 mm mehr Länge bekommen.
Die Weite versuche ich zur Beinmitte unterhalb des Gesäßes etwas zu verbügeln. Das ist die Stelle, an der sich gern die Weite staut. Am besten funktioniert dieses “Kurzbügeln” bei Wollstoffen.
Wiederholt das ruhig einige Male.
Dann lege ich die Hose wieder gerade in den Fadenlauf und bügle sie von der Seitennaht aus glatt.
Anschließend wende ich die Teile und bügle von der anderen Seite genauso.
4. Saum für die Anprobe der Hose vorbereiten
Habt ihr euch für einen normalen, eingeschlagenen Saum entschieden, zeichnet ihr die im Schnittmuster angegebene Saumlänge auf der rechten Stoffseite parallel zur Saumkante an. Zur Anprobe der Hose wird der Saum an dieser Linie nach innen umgeschlagen und festgeheftet.
Bei einem Saumaufschlag ist der Teil, der nach innen eingeschlagen wird, sehr breit. Die Verarbeitung unterscheidet sich daher von derjenigen bei einem normalen Saum. Ich lege die Schablone für den Saumaufschlag (P-H) bündig an der Saumkante an.
Dann übertrage ich die Markierung für die innere Saumkante auf die rechte Stoffseite.
Für die andere Seite drehe ich die Schablone um und markiere auch dort die innere Saumkante.
An der Markierung schlage ich den unteren Teil des Hosenbeins nach innen.
Mit einigen großen Stichen hefte ich den Saum fest. Ich habe das Lineal unter die Heftnaht gelegt, damit ich nicht in meine Bügelunterlage steche.
Diese Schritte – markieren, umschlagen, heften – wiederhole ich mit den anderen drei Schnittteilen der Vorder- und Hinterhose.
5. Beinnähte schließen
Jetzt schließe ich die inneren und äußeren Beinnähte. Dazu lege ich die Vorderhose mit der rechten Seite nach oben vor mich hin. Dann wird die Hinterhose rechts auf rechts auf die Vorderhose gelegt.
Die äußeren Beinkanten werden bündig aufeinander gesteckt.
Beachtet dabei die Knipse in Kniehöhe und ggf. im Bereich der Taschen.
Dem Schnittmusterteil könnt ihr entnehmen, wie breit die jeweiligen Nahtzugaben sind.
Am oberen Ende der Innenbeinnaht markiere ich mir auf der Hinterhose die Breite der Nahtzugabe.
In dieser Position sichere ich das obere Ende der inneren Beinnaht mit einer Klammer oder Stecknadel. Genau an der Markierung treffen Vorder- und Hinterhose in der Schrittkurve zusammen.
Dann stecke ich die restliche Strecke der inneren Beinnaht zusammen. Ich achte auch hier darauf, dass die Knipse in Kniehöhe aufeinandertreffen.
Beide Nähte hefte ich mit einem Geradstich mit großer Stichlänge oder mit der Hand. Achtet unbedingt darauf, mit den im Schnittmuster angegebenen Nahtzugaben zu nähen.
6. Taschenposition auf der Hinterhose markieren
Für die Position der hinteren Hosentasche ist ebenfalls eine Schablone vorhanden. Hier seht ihr die Schablone für Paspeltaschen. Die Vorgehensweise ist bei allen Taschenvarianten identisch.
Ich lege sie bündig an hinterer Mitte und Oberkante der Hinterhose an.
Dann markiere ich mit Schneiderkreide die Position der Tasche.
Wenn ihr diese Markierung schon für die Anprobe der Hose vornehmt, bekommt ihr einen Eindruck davon, wo später die Taschen sitzen. Wenn euch die Position nicht so gut gefällt, könnt ihr noch Änderungen vornehmen.
7. Bundstreifen zur Anprobe der Hose an die Hosenbeine heften
Bevor ich die Bundstreifen an die Hosenbeine hefte, übertrage ich die Markierung für die vordere Mitte. Da meine Hose ein Kniefutter bekommt, ist die Kante an der Übertrittseite schon beschnitten.
Die Hose lege ich dann, wie auf dem Bild zu sehen, vor mich hin.
An der eben markierten vorderen Mitte schlage ich die Schrittnaht an der Übertrittseite, also in diesem Fall am rechten Vorderteil, nach innen.
Den Bundstreifen lege ich mit der Markierung für die vordere Mitte an der eingeschlagenen Kante an.
Der Knips in der Mitte des Bundstreifens trifft genau auf die Seitennaht.
In der hinteren Mitte treffen Bundstreifen und Hinterhose ebenfalls genau aufeinander.
Ich beginne an der vorderen Mitte damit, den Bundstreifen an die Hose zu stecken.
Unter Beachtung der Markierungen stecke ich dann die restliche Strecke fest. Für die Anprobe der Hose kann der Bund in doppelter Lage mit großer Stichlänge oder von Hand angeheftet werden.
Für das zweite Hosenteil wiederhole ich die Arbeitsschritte. Nur das Einschlagen an der vorderen Mitte entfällt.
Im Bild seht ihr die fertig vorbereitete linke Hose.
8. Schritt- und Gesäßnaht heften
Auf der linken Stoffseite des rechten Hosenbeins markiere ich in der hinteren Mitte die Breite der Nahtzugabe. Die genaue Breite erkennt ihr am Knips an der Taillenkante. Ihr könnt auch im Schnittmusterteil nachmessen.
Ich markiere den Knips an der unteren Schrittkurve. Von da ab nach vorne beträgt die Nahtbreite 10 mm.
Der Verlauf der Gesäßnaht ergibt sich durch Verbinden der beiden Markierungen auf der Hinterhose.
Dann müssen die beiden Hosenteile rechts auf rechts ineinandergelegt werden.
Dazu wird das linke Hosenbein zunächst gewendet, so dass die rechte Seite außen sichtbar ist.
Anschließend schiebe ich das gewendete Hosenbein in das rechte Bein, auf dem ich die Nahtlinie markiert habe.
Die hintere Schrittnaht lege ich bündig aufeinander.
An den beiden Vorderhosen achte ich darauf, dass die Markierungen für die vordere Mitte genau aufeinandertreffen.
Auch die beiden Beininnennähte treffen genau aufeinander.
Dann stecke ich die Schrittnaht fest.
Auf der Vorderhose markiere ich mir noch die Stelle, an der die Schrittnaht endet. Genau an diesem Punkt endet auch meine Heftnaht.
So sehen die verbundenen Hosenteile von der linken Seite aus.
9. Letzte Vorbereitungen zur Anprobe der Hose
Jetzt könnt ihr die Hose auf rechts wenden und bekommt einen ersten Eindruck davon, wie sie später aussehen wird.
Ich schlage die Nahtzugabe des Obertritts noch nach innen ein und hefte mit einigen großen Stichen.
Auf der Seite mit Untertritt markiere ich die vordere Mitte über die gesamte Länge des Hosenschlitzes.
Der Obertritt trifft genau auf diese Markierung. Wenn ihr nun die Hose anprobiert, achtet darauf, dass am Bund die vordere Mitte genau übereinander liegt. Steckt ihn am besten mit einer Sicherheitsnadel fest.
10. Anprobe der Hose
Jetzt ist es soweit – die erste Anprobe der Hose kann erfolgen!
Hier kommen noch ein paar Hinweise, was bei der Anprobe zu beachten ist:
- Um einen Eindruck zu erhalten, wie die Hose sitzt, empfehle ich euch, Fotos zu machen, die mindestens die drei Perspektiven im Bild oben umfassen. Die Fotos solltet ihr möglichst gerade – also nicht schräg von oben oder unten – aufnehmen.
- Achtet darauf, dass der Hosenbund in der richtigen Höhe sitzt. Da noch kein Knopf da ist, um die Hose richtig zu schließen, hat man sie schnell mal ein bisschen zu hoch oder tief angezogen. Um das zu überprüfen, könnt ihr die Seitenlänge vom Boden bis zur oberen Bundkante (s. Markierung) nachmessen und mit der Seitenlänge, die ihr im Konfigurator angegeben habt, vergleichen.
- Sitzt der Bund in der richtigen Höhe und ist trotzdem zu eng oder zu weit, vergleicht einmal das Maß, das ihr beim Konfigurieren angeben habt, mit dem Umfangmaß an der Stelle, wo euer Bund nun sitzt.
- Wenn die Hose an der Hüfte ein bisschen zu weit erscheint, denkt daran, dass noch Taschen eingearbeitet werden. Die benötigen – je nach Stoffdicke – auch ein bisschen Platz. Am besten probiert ihr die Hose im weiteren Verlauf nochmal kurz an, bevor ihr den Bund an der Innenseite festnäht.
- Je enger ihr die Passform gewählt habt und je weniger dehnbar euer Stoff ist, umso wahrscheinlicher ist es, dass die Hose an der Beinrückseite einige Falten wirft. Das liegt daran, dass die Hose an der Rückseite ein “Mehrlänge” hat, die ihr benötigt, damit ihr euch bequem hinsetzen könnt.
- Auf Fotos sehen Falten manchmal schlimmer aus, als sie es tatsächlich sind. Werft auf jeden Fall auch nochmal einen Blick in den Spiegel um zu sehen, wie es wirklich aussieht.
Wenn ihr trotzdem Probleme mit der Passform habt, schickt mir gerne eine E-Mail mit Bildern, wie die Hose angezogen aussieht (s. o.). Ich versuche dann, euch bei den Anpassungen zu helfen. Das geht an dieser Stelle viel besser, als zu einem späteren Zeitpunkt.
11. Änderungen übertragen und Nähte auftrennen
Wenn ihr mit der Anprobe der Hose fertig seid und evtl. Anpassungen in das Schnittmuster übernommen habt, können alle Nähte wieder aufgetrennt werden. Achtung: die Heftnähte der Bund- und Bügelfalten werden nicht entfernt.
Habt ihr euch für geschlossene Bundfalten entschieden, findet ihr hier die weiteren Schritte, um sie zuzusteppen.
12. Tascheneingriff der Vorderhose zurechtschneiden
Bei einer Hose, die vorne Eingrifftaschen/Flügeltaschen (keine Paspel- oder Nahttaschen) hat, müssen diese jetzt noch zurechtgeschnitten werden.
Zuerst schneide ich am Papierschnittmuster entsprechend der Markierung den Tascheneingriff weg.
Dann lege ich das Schnittmusterteil auf die Vorderhose und markiere den Tascheneingriff auf der rechten Stoffseite.
Bei einer ungefütterten Vorderhose könnt ihr den Tascheneingriff nun wegschneiden. Wiederholt die Schritte für die zweite Vorderhose, bevor ihr mit dem nächsten Schritt (Links siehe unten) weitermacht.
Bei der gefütterten Vorderhose sichere ich zunächst den Tascheneingriff, bevor ich den überschüssigen Stoff abschneide.
Dazu nähe ich knapp neben der Markierung durch beide Stofflagen. Anschließend kann ich auch hier den Tascheneingriff an der Markierung wegschneiden. Diese Schritte wiederhole ich für die zweite Vorderhose.
Bei einer gefütterten Hose mit Eingrifftaschen würde eine Verstärkung des Eingriffs auf dem Futterstoff der Vorderhose nicht gut funktionieren. Daher wird der Tascheneingriff am Beleg des oberen Taschenbeutels auf der linken Stoffseite verstärkt, wie links im Bild zu sehen.
Wenn ihr den oberen Taschenbeutel ohne Beleg näht, wird auf dem Taschenbeutel selbst verstärkt (rechtes Bild).
Hier findet ihr die Links zum nächsten Arbeitsschritt. Wählt den Link, der zu der von euch gewählten Taschenform gehört.
- aufgesetzte Hosentasche nähen #TH01
- Hosentasche mit Doppelpaspel nähen #TH02
- Einseitige Paspeltasche einer Hose nähen #TH03
Wenn ihr bei der Hinterhose keine Taschen haben möchtet, geht es hier weiter:
Falls ihr noch gar nicht so weit seid und vielleicht ganz vorn anfangen wollt, findet ihr hier noch einige Links: